Die Heilung, Die Durch Kinder Geschieht - Oder Ein Gefühl Im Körper Fühlen Ist Nicht Gleich Ein Gefühl Im Körper Fühlen

Kinder sind die Gnade dieser Welt. An ihr und für sie.

Und sie sind die Heilung dieser Welt.

Wenn wir sie lassen.

Sie sind die Heilung meiner Welt - soviel steht fest.

Sie lehren mich - einfach durch ihr pures Sein, so, wie sie nun mal sind - zu meinem Kern zurück zu kehren.

Jetzt, in diesem Moment.


Und ja, natürlich "muss" ich nichts "heilen". Ich muss hier sowieso gar nichts. Meine Essenz ist bereits IN MIR,  und jetzt und hier habe ich Zugang dazu.


Allerdings bewohne ich hier einen Körper, und dieser Körper hat von aller frühester Kindheit an bestimmte Gefühle in sich abgespeichert - alles, was ich in meiner kindlichen Prägungszeit erlebt habe. Und alles, was ich erlebt habe, wird in Form von Gefühlen unweigerlich in meinem heutigen "Erwachsenenleben" wieder reaktiviert. Getriggert. Aus-gelöst. Von Menschen und Situationen, die mit meiner Kindheit nicht das Geringste zu tun haben. Unser Körper und unser autonomes Nervensystem macht das automatisch. Und diese ausgelösten Gefühle meiner Kindheit und meiner frühesten körperlichen Entstehungszeit hier sind nicht nur angenehm. Bei mir nicht und wohl bei den allermeisten Menschen nicht, denn sonst wäre diese Welt ein vollkommen anderer Ort. 

Wir sind vielfach verwundet (traumatisiert) worden durch unser Aufwachsen in dieser verwundeten und daher verwundenden Gesellschaft. Und diese uralten Wunden und Verletzungen wunden in unserem Inneren vor sich hin - bis wir uns ihrer annehmen. 

Ich tue dies die letzten acht Jahre in der Form, dass ich übe, jedes Gefühl, das in mir auftaucht, an Ort und Stelle in meinem Körper als Körperempfindung zu fühlen. Wenn möglich ohne Namen und Bewertung, ohne Gedanken zu diesem Gefühl, denn dieser würde mich wegholen von meinem Körper in meinen Kopf - und in meinem Kopf ist mein Wesenskern nicht zu finden. Auch in meinem Körper nicht. Aber ich mache die Erfahrung, dass ich, je länger ich mich darin übe, in meinem Körper präsent zu werden, ganz allmählich und langsam, bzw. immer wieder, durch all meine Wunden hindurch gelange zur großen Stille in mir. Und diese Stille fühlt sich an wie der "Ort", von dem ich komme - der keiner ist. Es ist meine Essenz. Das, was ICH BIN. 

Und diese Stille kann ich nicht wahrnehmen, wenn der Zugang zu ihr ständig blockiert und besetzt ist von meinen uralten Wunden, die mir signalisieren, dass ich Angst habe, dass ich gestresst bin, auf der Flucht und im Kampfmodus oder schon dermaßen in meinem Körper erstarrt, dass auch die angenehmen Gefühle und meine Lebendigkeit blockiert sind und nur noch wenig Zugang zu mir finden. 

 

Wenn ich Gefühle in mir fühle, die angenehm bis unangenehm sind, geht das mittlerweile ganz gut. Schwierig wirds bei den heftigen Gefühlen, bei den richtig miesen. Bei denen, die so krass sind, dass man sie kaum längere Zeit aushalten und ertragen kann. 

Diese Gefühle können einen völlig überrumpeln, überrollen und durchdringen. Sie überschwemmen einen und sie können sich so schlimm anfühlen, dass man das Gefühl hat, dass man dieses Gefühl innerhalb des eigenen Körpers nicht aushalten kann. Das geht soweit, dass man sich fühlt, als würde ein Teil von einem oder man selbst diesen Zustand nicht überleben.

Da ich aber nun hier sitze und diese Zeilen schreibe, habe ich es offensichtlich überlebt. 

Es ist möglich, bis an die körperlichen Grenzen zu fühlen. Und darüber hinaus. 

Ich kann nicht beurteilen, ob diese Erfahrung für jeden Menschen wichtig ist, zu machen. Traumatherapeuten würden dies vermutlich verneinen. Sie sprechen von einer Re-traumatisierung, wenn der Körper von einem schrecklichen Gefühl erneut überwältigt wird.

Für mich ist es in irgendeiner Form wichtig, diese Erfahrung gemacht zu haben. Das ist ein Wissen meines gesamten Seins. 

Ich halte es aber für möglich, dass es nicht, hm, wie soll ich sagen.. vielleicht nicht wirklich heilsam für den eigenen Körper sein könnte, diese spezifische Erfahrung in dieser Form sehr oft zu machen.


Je mehr Erfahrung ich habe und mache im Gefühle-im-eigenen-Körper-Fühlen desto mehr stelle ich fest, dass es  unterschiedliche Weisen gibt, ein Gefühl in meinem Körper zu fühlen.

Es gibt das oben beschriebene Fühlen, das sich wie ein Überrollen anfühlt. Es ist eine Welle. Kraftvoll. Sie rollt heran und baut sich auf. So oder so. Ich kann nun aber mit einer Haltung an sie herantreten, die eher mit einer Art von "Müssen" zu tun hat. Wenn ich diese Haltung in Gedanken übersetzen würde wäre es sowas wie "Oaaahh Scheiße, uaaarghhhs"😉, was vielleicht eine Art von Widerstand gegen das Gefühl signalisieren würde. Was okay ist. Den kann ich dann ja, wenns gut läuft, auch wieder in mir fühlen. Und meist, wenn ich den Widerstand da sein lassen kann in mir, gehts weiter mit dem ursprünglichen Gefühl. Davon kann ich mich vereinnahmen und überrollen lassen. Ich gehe ganz in dem Gefühl auf, oder es in mir.

Irgendwann und irgendwie kann ich es einfach DA SEIN lassen. Meine Fähigkeit dazu vergrößert sich im Laufe der Zeit. Ich habe dann keinerlei Widerstände mehr dagegen. Ich kann mich ganz in dieses Gefühl hineinbegeben, mich ganz hingeben in und an dieses Gefühl. 

Man kann "sich von einem schlechten Gefühl tragen lassen. Man kann das Gefühl (sogar) lieb haben". So hat es einmal der spirituelle Lehrer Dhyan Mikael in Worte gefasst. Dies beschreibt für mich deutlich die Hingabe an das bestehende Gefühl. Dies ist für mich eine andere innere Haltung, als wenn ich mich von einem Gefühl (nur) überrollen lasse. Wenn ich soweit bin, dem Gefühl tatsächlich mit der LIEBE in mir begegnen zu können, wandelt es sich manchmal relativ schnell in etwas, das sich nun ganz anders anfühlt. Manchmal dauert dieser Prozess auch lange.

Es ist ein Unterschied, ob ich mich von einem Gefühl komplett vereinnahmen lasse, und quasi wie zu dem Gefühl selbst werde, oder ob ich wirklich präsent bin mit einem Gefühl. Wenn ich wirklich präsent bleiben kann, während ich ein Gefühl fühle, fühle ich von einem Ort des "inneren Gewahrseins" (E.Tolle) aus. Es ist eine leichte aber markante Verschiebung, die da stattfindet. Es ist wie die Nutzung einer weiteren Ebene in mir, der klar ist, dass sie in diesem Moment dieses Gefühl in ihrem Körper FÜHLT, und dass sie Selbst gleichzeitig dieses Gefühl nicht IST.

 

Was ich als unglaublich heilsam erlebe, ist es, mit meinen inneren Kindern zu arbeiten. Diese inneren Kinder sind eigene innere Anteile, die natürlich letzten Endes auch Gefühle sind, aber es sind Gefühle, die sich in uns (durch traumatische Erlebnisse und Erfahrungen) so früh in unserer Entwicklung  und daher so stark eingeprägt haben, dass sich aus ihnen heraus quasi unsere gesamte Persönlichkeit oder ein Großteil jener gebildet hat. 

Diese verletzten inneren Kinder trägt also jeder Mensch in sich. Solange, bis er sich bewusst ihrer angenommen hat. 

Und solange, bis er sich bewusst und wirklich liebevoll ihrer angenommen hat, werden diese inneren Kinder in jeglichen Bezügen zu Menschen und besonders in Beziehungen, in denen echte Nähe entsteht, immer wieder auftauchen. Und sich Aufmerksamkeit verschaffen. Oft dann, wenn es einem gerade so garnicht passt. Und wenn es blöd läuft, wirkt sich ihr Erscheinen eher destruktiv auf die Beziehungen mit anderen Menschen aus.


Ich lerne und übe, mit diesen inneren Kindern nicht als irgendetwas Abstraktes zu arbeiten, wie es leider in der Spiri-Szene oft gemacht wird, sondern im Sinne der körperorientierten Traumaheilung  ("Morgenlichtcoaching" nach Lea Hamann, basiert auf "Somatic Experiencing"/"SE" nach P. Levine, plus frühkindliche Ebene). Das heißt konkret, ich fühle ein Gefühl in meinem Körper und lerne  beispielsweise, dabei dieses Gefühl zu halten. Eben nicht im Sinne von aus-halten, sondern ganz konkret z.B. die Stelle des Körpers zu halten, an der sich dieses Gefühl zeigt. Das kann physisch mit den eigenen Händen sein, oder energetisch mit den Händen von mir oder Jemand Anderem. Wenn dieser Andere selbst gerade in einem Zustand des regulierten Nervensystems ist, kann diese Ruhe im Sinne der Co-regulation auch mein eigenes Nervensystem regulieren und stabilisieren, was wiederum dazu führt, dass ich meine Gefühle in meinem Körper nicht nur aus-halten, sondern vielmehr annehmen kann.


Ich weiß nicht, ob es allen Menschen so geht, aber ich kann, wenn ich auf diese Art mit meinem Körper "arbeite", mich selbst als Baby, Embryo, Kleinkind und Kind im jeweiligen Alter und Zustand wahrnehmen, als diese Gefühle in mir entstanden sind. Und ich kann es schlecht beschreiben, was dabei geschieht. Mir fällt die Arbeit und das Sein mit Kindern generell oft um einiges leichter als jene mit "Erwachsenen", weil ich sie einfach als die wunderbarsten Wesen dieser Realität hier empfinde. Sie öffnen mein Herz, und dadurch kann alles wieder fließen. Und ich merke, dass es mir leichter fällt, mein jeweiliges Gefühl im Körper tatsächlich "lieb zu haben" und Mitgefühl mit mir Selbst zu haben, wenn ich mir selbst als Kind begegne. 

Und durch die Liebe zu diesen inneren Kindern/Gefühlen kann ich lernen, mir selbst die Mutter/der Vater zu sein, in der Form, wie ich sie damals gebraucht hätte. 

Und es ist unglaublich heilsam, wie es sich ganz langsam dahin entwickelt, Niemanden mehr zu "brauchen", der Einem irgend etwas "gibt" - außer mir selbst.

Es ist wahre Befreiung.

Ich muss nichts mehr vermeiden, ich kann üben, alles DA SEIN zu lassen und selbst DA zu BLEIBEN. Ich muss nicht mehr weglaufen. Auch nicht mehr Kämpfen. Der Kampf in mir löst sich auf, und die uralte Erstarrung und Ver-Härtung beginnt, sich auf-zu-weichen. Mein ganzer Körper wird weicher. Und das fühlt sich sooo gut an.

Ebenso lernt mein Körper durch diese Art der Herangehensweise an meine Körperempfindungen, sich ganz langsam sicherer und geborgener im Hier und Jetzt zu fühlen. 

Und das ist ebenfalls wahre Befreiung.

Es ist das Gegenteil des Trauma "Fight-Flight-Freeze" und löst ganz langsam dessen Folgen auf.  

Und das ist unbeschreiblich heilsam. So heilsam, dass sich zwei körperliche Symptome aus meinem Körper heraus bereits verabschiedet haben. Und so ultra lange arbeite ich noch nicht damit.

Diese gesamte körperorientierte Traumaarbeit ist meines Erachtens eine Revolution unserer Zeit. Und sie birgt in sich, so wie ich sie erlebe, das Potential, unsere Körper und unsere Psyche zu heilen.

Und uns zurück zu führen zu unserer Essenz. Zurück zu unserem ICH BIN. 

Hindurch-prozessiert durch den eigenen Körper.

Und das ist für mich die stabilste und gesündeste Form der Rückkehr zu mir Selbst.